„Die Technik hier drin ist über 100 Jahre alt und funktioniert immer noch“, sagt Signalmechaniker Sebastian Wölfer von DB InfraGO und zeigt auf einen kleinen grauen Metallkasten neben den Gleisen. Die Kabel, Relais und Schaltungen steuern eine mechanische Notbremse: Fährt ein Zug an einem roten Signal vorbei, klappt eine weiße Anschlagschiene neben dem Gleis einen Hebel am Wagen um – und das Fahrzeug legt sofort eine Vollbremsung hin. Bewegt wird die Schiene von einem Motor, den der Spezialist ebenfalls prüft. Alles im grünen Bereich!
Im Einsatz für die Sicherheit: Signalmechaniker Sebastian Wölfer ist bei Wind und Wetter im S-Bahnnetz unterwegs, um die Technik zu warten – hier die mechanische Notbremse. Fotos (6): Kristin Lübcke
Die alte Sicherheitstechnik wird derzeit überall im Netz der Berliner S-Bahn von einem modernen Zugsicherungssystem (ZBS) abgelöst. Damit sie bis dahin reibungslos läuft, führt Sebastian Wölfer einmal im Monat eine „kleine Inspektion“ durch und prüft, ob die Mechanik läuft.
„Ich tausche außerdem die Kontaktrollen aus“, erklärt er und tippt auf kleine kupferfarbene Rollen. Nur wenn die funktionieren, bekommen die Computer im elektronischen Stellwerk die Info, in welcher Position sich die Anschlagschiene befindet. Das ist wichtig, denn im Stellwerk laufen diese und viele andere Informationen aus dem Netz zusammen: Funktioniert die Sicherheitstechnik reibungslos? Welche Signale entlang der Strecke stehen auf Rot? Welche auf Grün? Sind die Gleise für die Züge frei? Per Computermonitor erhalten die Zugverkehrssteuerer diese Informationen und können die S-Bahnen aus der Ferne sicher über die Schienen lotsen.
Daniel Mairing von DB InfraGO zeigt im elektronischen Stellwerk wo die aktuellen Informationen aus dem Netz zusammenfließen und an die Computer der Zugverkehrssteuernden übertragen werden.
Im Einsatz für die Sicherheit
Um Störungen möglichst zu vermeiden, arbeiten Sebastian Wölfer und seine 150 Kolleg:innen in drei Schichten rund um die Uhr – ob bei Regen, Schnee oder Hitze. Die Spezialisten prüfen regelmäßig die Technik entlang der Fahrwege – vom Signal bis zur Weiche. Ein komplexes Sicherheitsnetz sorgt dafür, dass Züge und Fahrgäste unfallfrei unterwegs sind. „Soweit wie möglich machen wir das im laufenden Betrieb, um Sperrungen zu vermeiden“, erzählt Daniel Mairing, der für die DB InfraGO im Bereich Grunewald die Leit- und Sicherungstechnik verantwortet. Dabei sind die Instandhalter immer im Team unterwegs.
Rund 3.000 Zugfahrten im 340 Kilometer großen Berliner S-Bahn-Netz rollen täglich über die Gleise. Ein Härtetest für Material und Technik. „Der Ring ist zum Beispiel hochfrequentiert, da treten häufiger Störungen an stark belasteten Weichen auf, die ein paar Hundert Mal pro Tag gestellt werden“, so Wölfer.
Es könne auch passieren, dass die Technik durch zum Beispiel Müll in den Gleisen blockiert werde. Lassen sich die Störungen nicht sofort beheben, kann es sein, dass Züge verspätet fahren oder umgeleitet werden müssen. „In jedem Fall gilt: Die Sicherheit unserer Fahrgäste und der Fahrzeuge hat oberste Priorität im Bahnverkehr – auch wenn man sich vielleicht mal über eine Störungsmeldung ärgert“, so Daniel Mairing.
Achtung Signalstörung
Auch Signalstörungen beschäftigen das Team der DB InfraGO. Manchmal gelingt die Fehlersuche schnell. Zum Beispiel, wenn lediglich Glühlampen in den Signalen – den „Ampeln der Schiene“ – ausgetauscht werden müssen. Manchmal ist die Sache jedoch komplizierter. Sebastian Wölfer: „Sind elektronische Bauteile oder Kabel kaputt, ist die Suche nach dem Defekt ein bisschen wie Detektivarbeit. Ich messe beispielsweise an verschiedenen Stellen, ob der Strom hier korrekt fließt oder die Spannung stimmt.“
Noch komplizierter wird es, wenn ein Signal dauerhaft auf Rot steht – und es kein grünes Licht gibt. Das bedeutet: In einen bestimmten Abschnitt der Strecke darf kein Zug einfahren. Schuld kann ein Problem an der sogenannten Gleisfreimeldetechnik sein, die dafür sorgt, dass der Standort der Züge immer bekannt ist. Je nach Bauart ist die Technik empfindlich gegenüber starken Temperaturschwankungen. Zweistellige Plusgrade tagsüber und kalte Nächte lassen die Zahl der Störungen steigen.
Das Team der DB InfraGO prüft regelmäßig, ob die Computer im Stellwerk zuverlässig laufen.
Hier kommen Signaldaten aus dem Netz an und werden verarbeitet.
Vorausschauende Instandhaltung
Künftig sollen immer mehr intelligente Lösungen dafür sorgen, dass Bauteile oder Anlagen bereits ausgetauscht werden, bevor sie kaputt gehen“, so der Experte. Ein Beispiel sei das System „DIANA“ – eine Art Dauer-EKG für Weichen. „Anhand von Sensoren im Stellwerk können wir per App ablesen, wie viel Strom beim Umstellen der Weiche verbraucht wird. Steigt die Kurve an, wird sie vorbeugend gewartet oder ausgetauscht.“ Störungen lassen sich so schon erkennen und beheben, bevor sie überhaupt entstehen. | Kristin Lübcke
Was macht eigentlich ein:e Signalmechaniker:in?
Signalmechaniker:innen sorgen für sichere Zugfahrten. Sie halten die Leit- und Sicherungstechnik (LST) der Bahn instand und reparieren sie. Dazu gehören zum Beispiel die Signale, Weichenantriebe, Stellwerke oder Zugsicherungssysteme. Gefragt sind Fachkräfte aus Elektrik, Elektronik oder Mechatronik, die bei der Deutschen Bahn umfassend zum Signalmechaniker oder zur Signalmechanikerin weitergebildet werden.
Das findest Du spannend? Dann bewirb Dich als Signalmechaniker:in!