Im Zug ins Gespräch kommen
Verein fördert demokratischen Gedankenaustausch

Der „Mitmach-Preis Lausitz“, ins Leben gerufen von DB Regio Nordost, fördert Ideen und Initiativen für eine soziale, umweltfreundliche und nachhaltige Mobilität in der Lausitz. Denn die Weiterentwicklung der Region ist dem Unternehmen ein wichtiges Anliegen. Viele spannende Ideen wurden eingereicht, aus denen eine Jury zehn Preisträger:innen ausgewählt hat. punkt 3 stellt die Projekte in loser Folge vor.

Im Zug sitzen und einfach so ins Gespräch kommen: An sich die beste Gelegenheit. Man hat Zeit. Das eine oder andere geht einem durch den Kopf. Warum sich nicht mit andern darüber austauschen – aber wie, ohne aufdringlich zu wirken?

Da kommt am 31. Juli 2024 nachmittags gegen 14 Uhr bei der Bahnfahrt durch die Lausitz ein freundlicher junger Mann vom Verein metro polis e. V. durch den Regionalzug und fragt genau danach: ob man interessiert sei, weiter vorne in einer freigehaltenen Vierersitzgruppe über das zu sprechen, was einen bewegt.

Eine angeregte Gesprächskultur beim Bahnfahren fördern und dabei zum fairen und offenen Gedanken­austausch ermutigen – gelebte Demokratie – das ist das Anliegen des metro polis e.V., der für dieses Vorhaben mit dem Mitmach-Preis Lausitz von DB Regio Nordost ausgezeichnet wurde.

Kristina Krömer, die Projektkoor­dinatorin und Erfinderin des Gesprächsformats, erläutert den Hintergrund des Konzepts: Wie kann gesellschaftlicher Diskurs konstruktiv in einer Zeit der zunehmenden Verständigungslosigkeit gestaltet werden? Wie können möglichst viele Menschen daran teilnehmen?

Und wie können wir aus der Vielfalt an Erfahrungen, die die Menschen in sich tragen, einen kollektiven Wissens- und Ideenschatz generieren, der durch Kooperation anstatt durch Kampf entsteht?


Foto: Pablo Castagnola

 

Spannende und friedliche Unterhaltungen

Und, machen die Fahrgäste in der Bahn mit? Bei den Zugfahrten am 31. Juli wurde schnell deutlich, dass das Angebot sehr gut ankommt. Als hätten viele Reisende geradezu darauf ge­wartet, war es für das Team nicht schwer, motivierte Gesprächspart­ner:innen zu finden. Da unterhielten sich zum Beispiel ein Student aus Cottbus und ein weiterer Fahrgast aus Krakau über die Frage, was die Stadt vom Land lernen kann – und umgekehrt.

Eine junge Auszubildende aus Hoyerswerda teilte ihren Frust darüber, dass Jugendliche so wenig Perspektiven und Gestaltungsmöglichkeiten in „Hoy“ hätten. Außerdem gebe es Probleme, wenn man sich als homosexuell oute, wie eine ihrer Freundinnen das vor Kurzem getan habe. Die hätte offene Gewalt erlebt – eine Erfahrung, die später von anderen Teilnehmenden ebenfalls ins Gespräch eingebracht wurde.

Den offenen Austausch darüber mit anderen Fahrgästen findet die Auszubildende enorm erleichternd. Aber haben Kristina Krömer und ihr metro_polis-Team nicht Angst, dass ein Gespräch auch mal unerfreulich verlaufen könnte? „Mittlerweile nicht mehr“, antwortet sie. „Mit der Erfahrung aus Gesprächen mit knapp 9.000 Fahrgästen in Dresdner und Leipziger Straßen­bahnen wissen wir: Menschen haben kein Bedürfnis nach Belehrung, sondern nach einem tieferen Verständnis ihrer Lebens­welten. Weil es uns darum geht, sind die Gespräche mit Fahrgästen nicht konfliktreich, sondern spannend, lehrreich und vor allem friedlich.“

 

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